So lautet der Grundsatz von Kevin Pommerenke alias Happy Fisherman. Würde er all seinen Fischen einen Namen geben, müsste er wohl verhungern. Deshalb tauft er nur seine geliebten Laichfische. Aber die werden nach allen Regeln der Fischwirtkunst verwöhnt. Die Zuchtpaare werden nicht einfach wahllos verkuppelt, sondern mit Bedacht und Sorgfalt vermählt.
Kevin sucht nur Fische aus, die ideale Voraussetzungen mitbringen. Schön sollen sie sein, gut gewachsen, gesund und robust. Ein verschobener Kiefer, unterschiedliche Flossen oder eine unansehnliche Farbmusterung sind nicht erwünscht. Die Männchen müssen außerdem ein gutes Sozialverhalten an den Tag legen. Schließlich soll das Weibchen die Paarung überleben. Wer sich nicht benehmen kann, fliegt raus aus der Zucht. Harmonieren die Pärchen aber miteinander, gibt es im nächsten Jahr ein freudiges Wiedersehen.
Bei der Zusammenstellung des besten Genpools spielt übrigens auch die Dauer bis zur Geschlechtsreife eine Rolle: Speisefische sollten nicht „frühreif“ sein, weil sie sonst ihre ganze Energie in die Fortpflanzung investieren. Das heißt, sie verbrauchen ihre gesamten Fettreserven, was die Fleischqualität verschlechtert. Besatzfische, die meist an Angelvereine verkauft werden, dürfen sich gerne schon früh verlustieren. Schließlich sollen sie ja noch einmal ablaichen, bevor sie von einer Angel oder einem Raubtier erwischt werden.
Aber fangen wir von vorne an: Zuerst müssen die Eltern in spe natürlich abgefischt werden. Beim Zander geschieht das an den ersten warmen Tagen des Jahres, also im Februar oder März. Das Geschlecht der Fische erkennt Kevin am Bauch. Beim Männchen ist er grau bis dunkelblau und schlank. Beim Weibchen ist er weiß und dick. Zur Ehrenrettung der Zanderdamen sei gesagt: Das liegt nicht daran, dass sie verfressen sind, sondern daran, dass sie bereits Eier in sich tragen. Nach der Sortierung stellt der Fischwirt die Traumpaare zusammen und setzt sie in einen separaten Teich. Dort wartet ein gemachtes Nest auf sie – im wahrsten Sinne des Wortes! In der Regel trifft Kevin dabei ihren Einrichtungsgeschmack, so dass die Liebenden schnell in ihr Nest einziehen.
Seine Karpfen hingegen mögen es nicht so häuslich und vergnügen sich lieber im freien Wasser. Forellen wiederum haben gar keine Lust aufs Verkuppeln. Deshalb läuft die Befruchtung bei ihnen nicht ganz so romantisch und naturnah ab: Männchen und Weibchen werden narkotisiert und das Sperma bzw. die Eier abgestreift. Kuscheln ist nicht. Es wird künstlich befruchtet. Das hat allerdings den Vorteil, dass Kevin die Larven direkt im Bruthaus hat und sie nicht erst mühsam einfangen muss. Die Racker sind nämlich so klein, dass man ein Netz mit einer Maschenweite von 0,9 Millimetern benötigt. Im Vergleich zu Karpfen- und Zanderbabys sind sie jedoch riesig. Für diese braucht man ein Netz mit einer Maschenweite von 0,3 Millimetern. Grundsätzlich gilt: Je wärmer die Laichzeit, desto kleiner und zahlreicher die Nachkommen.
Sind die Larven Fische geworden und aus dem Bruthaus ausgezogen, können sie ihr Leben im Teich noch lange genießen. Denn Kevin forciert ihr Wachstum nicht, sondern achtet lieber darauf, dass sie gesund und glücklich sind. Bis eine Regenbogenforelle beispielsweise ihr Schlachtgewicht von gut 500 g erreicht hat, dauert es in etwa 16–18 Monate. Wildkarpfen oder Zander sind sogar schon 3-4 Jahre alt, wenn sie ihre Speisefischgröße erlangt haben. Der in der Gastronomie sehr beliebte Waller braucht ganze 6 Jahre, bis er ein Gewicht von 5–6 kg auf die Waage bringt. Ein schnellwüchsiger Hecht benötigt hingegen nur 2 Jahre, bis er auf den Teller kommen kann. Kevins heimlicher Favorit ist übrigens der Graskarpfen, auch Amur genannt.
Der Happy Fisherman liebt seine Arbeit und findet es unheimlich schade, dass sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung zum Fischwirt bzw. zur Fischwirtin entscheiden. Vielleicht kann diese Geschichte ja dazu beitragen, dass sich wieder mehr Leute für diesen Beruf interessieren? Zu hoffen wäre es.
Wer mehr über Kevin und seine Fische wissen will, kann ihn gerne besuchen – auf seiner Website oder auf Instagram: