Konzeption & Text. Sandra Cremer





Des Kaisers neue Akquise

25. Oktober 2024

Die nackte Wahrheit über LinkedIn

Der Grund, warum auf meinem Blog (und auf Facebook) gerade so wenig passiert, heißt LinkedIn. Meine Social-Media-Hassliebe nimmt mich einfach zu sehr in Anspruch. Jeden Tag schaue ich mehrmals rein, um zu lesen, zu liken und zu kommentieren – und hie und da selbst zu posten. Das Dumme daran: Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht alles reine Zeitverschwendung ist. Zumindest unter dem Aspekt, um den es eigentlich geht: der Akquise.

Alle so schön erfolgreich hier!

Auf LinkedIn wimmelt es nur so von Menschen, die ihren (vermeintlichen) Erfolg (angeblich) dieser Plattform verdanken. Und die nicht müde werden, davon zu erzählen, wie sie es geschafft haben. Man muss ja nur dieses beachten und jenes (nicht) tun und schon fliegen einem die Kunden nur so zu. Allerdings posten diese Leute so viel, dass ich mich frage: Wann arbeitet ihr eigentlich?

Einen gut durchdachten und formulierten Beitrag haut man ja nicht eben mal so raus. Die meisten Posts mögen diesem Anspruch zwar nicht genügen, aber auch ein schlechter Beitrag braucht seine Zeit – es sei denn, er ist geklaut oder von der KI produziert. Leider scheint das mittlerweile recht häufig der Fall zu sein. Ganz grotesk wird es, wenn die Beiträge der KI auch noch von der KI kommentiert werden. Dann entstehen Konversationen, an denen kein Mensch mehr beteiligt ist. Ich habe keine Angst vor KI, aber diese Vorstellung ist gruselig.

Aber was ist mit mir?

Ich glaube nicht, dass ich durch LinkedIn auch nur einen einzigen Kunden gewonnen habe. Natürlich kann man mir vorwerfen, dass ich es nicht konsequent genug durchgezogen habe. Doch sobald die Auftragslage stimmt, haben solche Spielereien eben keine Priorität. Wer täglich neue Beiträge verfasst, könnte sich im Grunde gleich das „Open to work“-Badge anstecken – das wäre ehrlicher.

Warum machen trotzdem so viele mit? Meine Erklärung: Jeder liest, wie effektiv LinkedIn angeblich ist, und glaubt, er müsse auch auf den Zug aufspringen. Bleibt der Erfolg aus, erhöht man die Schlagzahl, testet neue Formate und Strategien – doch das Ergebnis bleibt gleich (außer, man misst Erfolg an Reaktionen und Kommentaren). Aber hey, wenn es bei den anderen klappt und bei mir nicht, muss ich mich eben mehr reinhängen! Und so wird munter weiter gepostet, bis der Feed aus allen Nähten platzt.

Vielleicht ist es wie mit des Kaisers neuen Kleidern: Jeder weiß, dass LinkedIn-Akquise nichts bringt. Aber keiner traut sich, es zu sagen.

Warum es sich trotzdem lohnt

Aber LinkedIn hat durchaus seine gute Seiten. Ich bin hier mit vielen großartigen Kollegen vernetzt, mit denen ich mich unheimlich gerne austausche. Das sind und werden zwar keine Kunden, aber ihre Posts haben informativen oder Unterhaltungswert. Außer, wenn die Kollegen krampfhaft versuchen, mit ihren Beiträgen Akquise zu betreiben. Am liebsten sind mir meine britischen Pendants, die Sachen raushauen, die sich hier keiner trauen würde. Von bizarr bis rotzfrech – aber immer charmant und witzig. Was leider zeigt, dass diese genialen Kreativ-Talente aktuell keine Jobs haben. What a waste!

PS: Für das Bild bedanke ich mich bei Cathy Mü auf Unsplash



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