Konzeption & Text. Sandra Cremer





Sandras kleine Texterschule Teil 10

14. November 2020

Spezialist oder Allrounder?

Vor ein paar Wochen habe ich mich bei einigen Textkollegen umgesehen. Mich hat interessiert, wie andere sich präsentieren und welche Plattformen sie nutzen. Dabei bin ich zwangsläufig auf Blogs gelandet, in denen die erfahrenen Texter den Frischlingen Tipps geben. Ähnlich meinen Artikeln hier in „Sandras kleiner Texterschule“.

Von der Nische zur Nase

Sehr oft bin ich dort auf die Empfehlung gestoßen, eine Nische zu finden und sich zu spezialisieren. Da ich das in meinen 20 Jahren als freie Texterin nicht getan habe, wurde ich nachdenklich. Hatten die Kollegen vielleicht recht? Würde ich mir heute eine goldene Nase verdienen, wenn ich mich beizeiten auf einen klar eingegrenzten Bereich konzentriert hätte? Im Nachhinein lässt sich das schlecht beurteilen. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann: Ich wäre äußerst unzufrieden.

Nicht schon wieder!

Warum? Weil es mich zu Tode langweilen würde, immer nur für eine Branche, einen Kunden oder ein Medium zu texten. Einer der Gründe, warum ich damals meine Festanstellung gekündigt habe, war die Einseitigkeit. Denn meine Agentur hatte sich auf IT-Kunden spezialisiert. Wenn man dann die dreißigste Software-Firma mit ähnlichem Angebot auf dem Tisch hat, macht die Arbeit einfach keinen Spaß mehr. Und nicht nur das: Irgendwann gehen einem die Ideen aus. Man ertappt sich dabei, dass man Standardformulierungen verwendet. Oder es dämmert einem, dass man eine ganz ähnliche Headline-Führung schon einmal vorgeschlagen hat. Für einen Texter mit einem hohen Originalitäts- und Qualitätsanspruch ein absolutes No-Go.

Die Mischung macht’s

Die Spezialisierung der Agentur hat mich auch in den Anfängen meiner Selbständigkeit noch verfolgt. Denn was für Aufträge bekommt man wohl bevorzugt, wenn man fast ausschließlich IT-Referenzen hat …? Ganz genau! Ich war gottfroh, als ich diese Altlast endlich los war und für ganz andere Kunden texten durfte. Denn genau das ist es, was ich an meinem Job so mag: die Abwechslung. Dass ich mich immer wieder in neue Themen einarbeiten darf und dabei jede Menge Interessantes dazu lerne.

Niemals nur ein Kunde!

Außerdem ist es vernünftig, sich nicht zu sehr auf eine Branche zu konzentrieren. Das dürften aktuell so einige Kollegen schmerzlich feststellen, die sich dagegen entschieden haben, Allrounder zu werden. Oder die sich sogar (ganz grober Fehler) nur auf einen einzigen Kunden verlassen haben. Wer sich zum Beispiel auf Gastronomie oder Tourismus spezialisiert hat, ist jetzt – unfein ausgedrückt – im Arsch. Und dass selbst der beste Kunde unter Umständen wegbrechen kann, aus welchen Gründen auch immer, sollte einem stets bewusst sein.

Allrounder sind immer gefragt

Darum mein Tipp an Freelancer jeglicher Art: Werdet keine Spezialisten, sondern Allrounder! Seht zu, dass ihr möglichst viele Kunden aus den verschiedensten Bereichen habt. Dann kann euch eine Krise nicht so schnell aus der Bahn werfen und ihr habt auch nach 20 Jahren Selbständigkeit noch Freude an eurem Beruf.



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