Konzeption & Text. Sandra Cremer




Kinderarbeit oder mein erster Job

1. Oktober 2018

Mein erstes Geld habe ich damit verdient, Papiersterne auszuschneiden und diese an meine Nachbarn zu verkaufen. Das muss so mit ca. sechs bis sieben Jahren gewesen sein. Dabei habe ich so viel eingenommen, dass ich mir davon die „Schatzinsel“ auf Schallplatte kaufen konnte. Also ein durchaus ordentlicher Verdienst. Anders sah es bei meinem ersten Job mit fester Bezahlung aus. Den hatte ich mit zwölf im Münchner Tierpark Hellabrunn. Ganze 20 DM gab es damals für einen 8-Stunden-Tag mit Ponyführen, Striegeln, Ausmisten und Karussell-Betrieb. Letzteres war unter Sicherheitsaspekten auch äußerst fraglich. Darf man ein 12-jähriges Kind ein Karussell bedienen lassen? Ich bezweifle es. Doch damit der Ausbeutung nicht genug: Wir kleinen Sklaven durften nur den Eingang nehmen, der direkt zum „Kinderzoo“ führte. Der Bus hielt aber am anderen Ende des Tierparks (die U-Bahn-Station gab es zu dieser Zeit noch nicht). Wollten wir aber den Haupteingang nehmen, um nicht den kompletten Tierpark umrunden zu müssen, hieß es Eintritt zahlen. Schließlich galt es zu vermeiden, dass wir auf dem Weg zur Arbeit kostenlos ein Tier ansehen. Meine Mutter hat sich damals erbarmt und mir eine Jahreskarte gekauft (und die war richtig teuer!), damit ich nicht jeden Tag einen Riesenumweg latschen musste.

PS: Als ich nachsehen wollte, wie dieser Bereich denn nun hieß (Kinderzoo), habe ich festgestellt, dass es ihn seit 2012 nicht mehr gibt. Anscheinend sind die üblen Machenschaften inzwischen aufgedeckt worden.

PPS: Das Bild zeigt natürlich nicht mich, sondern ein kleines Mädchen 1908 in South Carolina, das über meine „Probleme“ nur hätte lachen können.

!!!HELLO MOTO!!!

26. April 2018

Es gibt Momente, in denen das Handy keine Geräusche machen sollte: z. B. bei einer Trauerfeier. Neulich war ich auf einer solchen. Ich hatte selbstredend das Handy auf lautlos gestellt. Nur dann fiel mir ein, dass vielleicht doch irgendein Sound dadurch nicht blockiert sein könnte. Hektisch griff ich in meine Tasche, um es auszuschalten. Leider entschied es sich stattdessen für einen Neustart. Wer ein Motorola besitzt, weiß, was das bedeutet: Ein lautstarkes „!!!HELLO MOTO!!!“ am Ende der Hochfahranimation. Was also tun? Mitten in der Trauerfeier rausrennen …? Die Pein ertragen, wenn alle Trauergäste mich mit vernichtenden Blicken anschauen …? Meine liebe Cousine erkannte direkt das Dilemma (sie hat auch ein Motorola). Geistesgegenwärtig wickelte sie das Handy in mehrere Mäntel ein und legte noch ihre Tasche obendrauf. Der ein oder andere hat es wohl trotzdem gehört. Aber der Rieseneklat blieb aus. Puh! Inzwischen habe ich herausgefunden, wie ich diesen depperten Sound ausschalten kann. Die Info habe ich gleich an meine Cousine weitergeleitet, was sie sehr gefreut hat …

Kein Hertz für Texter

5. März 2018

Letzten Samstag musste ich mit einem Transporter nach Berlin fahren. Nun ist es so, dass ich eigentlich nur mein eigenes Auto gerne fahre. Alle anderen sind mir suspekt. Aber leider passt in meinen Polo nicht viel rein. Darum also der gemietete Transporter. Hier das Drama in Stichpunkten …


6.00 Uhr: aufstehen

7.15 Uhr: nach München fahren, um Transporter zu holen (Stau, Wischwasser geht unterwegs aus, keine Sicht wegen grauer Scheiben)

8.15 Uhr: Ankunft bei Hertz (keine Spanngurte im Transporter, hallo Transporter ohne Spanngurte???)

8.30 Uhr: Spanngurte kaufen bei Toom (zum Glück günstig)

8.45 Uhr: mit Transporter nach Holzkirchen (wieder Stau)

9.30 Uhr: Ankunft

9.30 Uhr bis 10.45 Uhr: einladen

10.45 Uhr: losfahren Richtung Berlin (bis Nürnberg ein Stau nach dem anderen)

15.30 Uhr: Tankstopp nötig, weil Sprit nicht bis Berlin reicht (Tankdeckel lässt sich nicht öffnen, bitte drei Personen um Hilfe, der Dritte schafft es dann, Dame bei Hertz meint, vermutlich verklemmt oder eingefroren)

16.30 Uhr: Weiterfahrt

16.35 Uhr: Steinschlag auf der Windschutzscheibe (hurra Selbstbehalt wird fällig)

18.30 Uhr: Ankunft in Berlin

18.30 Uhr bis 19.00 Uhr: ausladen

19.00 Uhr: losfahren zu Ikea

19:01 Uhr: Polizeiwagen mit Blaulicht kommt mir entgegen, Polizisten wollen, dass ich mit dem fetten Transporter in der dunklen, engen, beidseitig vollgeparkten Straße rückwärtsfahre, um sie durchzulassen (ich weigere mich, um nicht die anderen Autos zu schrotten, Polizistin keift mich an, dass ich das doch bitte der Frau erzählen soll, die gerade verprügelt wird, gibt aber nach einigen Minuten auf und der Streifenwagen fährt flott rückwärts aus der Straße raus)

19.15 Uhr: Ankunft Ikea

21.30 Uhr: mit 200 kg beladener Einkaufswagen fährt mir in die linke Hacke (heute weiß ich, dass nicht die Achillessehne gerissen, sondern „nur“ das Außenband überdehnt ist, yeah!)

21.35 Uhr: einladen

22.00 Uhr: losfahren

22.30 Uhr: Ankunft

22.30 Uhr bis 23.00 Uhr ausladen

23.10 bis 24.00 Uhr Essen beim Italiener (Highlight des Tages, danach direkt schlafen)

6.30 Uhr: aufstehen

7.00 Uhr: Transporter zu einer Berliner Hertz-Station fahren (unter fiesen Schmerzen, da Kupplung treten die denkbar ungünstigste Bewegung)

7.35 Uhr: nach langer Parkplatzsuche Ankunft (vorher nicht mehr getankt, da bloß keine Umwege fahren mit dem schmerzenden Fuß, kostet 82 Euro extra, auch wenn Tank ¾ voll)

7.40 Uhr: will Schlüssel in Briefkasten einwerfen, aber da steht etwas von einem Rückgabeformular, das ich dummerweise nicht bekommen habe

7.40 Uhr bis 8.00 Uhr: warten, dass das Call Center von Hertz aufmacht (erfreulich: kann auch formlos die notwendigen Daten aufschreiben)

8.05 Uhr: nach Schlüsseleinwurf humpeln zur nächsten S-Bahn-Station (zwischendrin fast Treppe runtergefallen, da Geländerstück fehlt)

9.44 Uhr: endlich Zug nach München

14.10 Uhr Ankunft München Hbf (weiter zum Ostbahnhof, Wischwasser in mein Auto einfüllen, ab nachhause, Kupplung von meinem Auto lässt sich zum Glück leichter treten, ist aber immer noch schmerzhaft)

15.30 Uhr: Ankunft zuhause (jetzt kann ich endlich in Ruhe sterben …)

Geht’s noch?

26. November 2014

briefNur mit Hängen und Würgen. Das Schreiben meine ich. Nein, nicht auf der Tastatur. Von Hand. Haben Sie in der letzten Zeit einmal versucht, einen längeren Text mit der Hand zu schreiben? Dann sind Sie vermutlich daran verzweifelt. So wie ich. Denn wann schreibt man denn mal nicht am Rechner, Tablet oder Smartphone? Ja, sicher, wenn man sich schnell etwas notiert. In einem Telefonat oder in einer Besprechung. Oder wenn man sein kleines privates Brainstorming veranstaltet.

Aber wenn ich ehrlich bin: Das kann kein Mensch außer mir lesen. Und selbst ich habe damit manchmal meine liebe Not. Aber ist es nicht traurig, dass man sich so mühsam das Schreiben beigebracht hat und es jetzt kläglich verkümmert und zum reinen Tastenhämmern und Touchscreenpatschen verkommt? Ich für meinen Teil werde versuchen, ab sofort hin und wieder einen hübsch leserlichen Text zu verfassen – handschriftlich. Einen herrlich altmodischen Brief. Ich kann mir schon vorstellen, wie dem Empfänger Tränen in den Augen stehen vor Rührung und mein Beispiel Schule macht …

Können macht glücklich

12. November 2014

müllheimIch lebe nun schon seit ein paar Jahren im wunderschönen Dreiländereck D/F/CH, sehr nahe der französischen (7 km) und der schweizerischen Grenze (37 km). Man sollte annehmen, dass ich mir morgens mit dem Fahrrad in Chalampé frische Croissants hole und mich abends kurz in den Zug setze, um in Basel Raclette essen zu gehen. Vergiss es. Trotzdem schwärme ich anderen vor, wie toll doch diese Nähe zu zwei(!) Grenzen ist. Die Frage, wie oft ich diese Gelegenheit nutze, ist mir zugegebenermaßen etwas unangenehm. Wenn sie dann kommt, gelobe ich Besserung. Doch die Zeit fliegt und keine Croissants und kein Raclette in Sicht. Was mich allerdings nicht juckt, so lange mich keiner mit der Nase darauf stößt. Denn mir reicht die Möglichkeit, dass ich hinfahren könnte, wenn ich nur wollte. Selbiges gilt übrigens auch für die Berge, die in meiner Heimat München quasi vor der Haustür standen bzw. meines Wissens immer noch stehen. Fazit: Können alleine macht schon glücklich.

Ich versteh nur bauchfrei

23. Oktober 2014

bahnhofIn letzter Zeit habe ich eine akute Phase des „kreativen Lesens“: Immer wieder schleichen sich Buchstaben ein oder davon, verdrehen sich und entwickeln ein Eigenleben. So geschehen neulich, als mich das Schild „Bauchfreier Bahnhof“ überraschte. Wie nun, dachte ich mir, ist das zu interpretieren? Sollen die Bäuche vom Bahnhof fern gehalten werden, um die anderen optisch nicht zu belästigen? Oder ist es vielmehr die Aufforderung, seinen Bauch stolz herzuzeigen, indem man „bauchfrei“ trägt? Die Erleuchtung blieb mir leider verwehrt. Ich musste allerdings feststellen, dass das Gros der Fahrgäste weder die eine noch die andere Anweisung beherzigte.

Der Passwörterwahnsinn

7. Oktober 2014

grimsgrams

Bei einem Log-in-Versuch musste ich heute wieder feststellen, dass ich ausgerechnet dieses Passwort vergessen hatte. Kein Problem. Dazu gibt es ja diese tolle Passwortvergessen-Funktion. Gedacht. Getan. Es kommt ein Captcha, das ich eingeben muss. Hurra, Hürde genommen! Sonst braucht es drei Anläufe, bis ich die Hieroglyphen entziffert habe. Mail mit neuem Passwort kommt auch direkt an. Aber, Haken: Das Passwort gilt nur für ein Log-in, danach muss ich es wieder ändern. Nun gut, dann eben neues Passwort. 1. Versuch fehlgeschlagen. Es dürfen nur zwischen 8 und 12 Ziffern sein. 2. Versuch fehlgeschlagen: Es muss Groß- und Kleinschreibung beinhalten. 3. Versuch fehlgeschlagen: Es müssen auch Sonderzeichen darin vorkommen. 4. Versuch fehlgeschlagen: Es darf nur entweder + * # oder – sein. 5. Versuch dann erfolgreich. Aber was wollte ich eigentlich auf dieser Seite?


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