Plötzlich war es dunkel. Nicht nachtdunkel, sondern dunkeldunkel. Kein bisschen Licht war mehr zu sehen. Die Menschen in ihren Zellen waren irritiert. So etwas kannten sie nicht. Nur wenige hatten noch vage in Erinnerung, dass es vor Jahrzehnten so etwas gegeben hatte. Selbst erlebt hatten sie es zwar nicht, aber die Information war in ihre Gehirne eingespeist worden. Allein diese Handvoll ahnte, was geschehen war: ein Stromausfall.
Allerdings konnten sie das nicht in Worte fassen. Denn die gab es nicht mehr. Es war eher eine Art Gefühl – was ihnen aber auch fremd war. Gefühle existierten in ihrer Welt nicht mehr. Ebenso wie grundlegende Bedürfnisse. Keiner wusste mehr, was Durst oder Hunger war. Kälte oder Hitze. Der Drang, seine Blase oder seinen Darm zu entleeren. Lust auf Sex, Liebe, Geborgenheit – alles schon lange vergessen.
Es gab nichts, um das sie sich hätten kümmern müssen. Denn alles wurde befriedigt, bevor das Verlangen überhaupt aufkam. Sie bewegten sich nicht mehr. Ihre Körper wurden so stimuliert, dass die Muskeln erhalten blieben, obwohl sie sie nicht nutzten. Außerdem lebte jeder für sich. Das Bedürfnis nach menschlichem Austausch war ebenfalls verkümmert. Sie ahnten nicht einmal, dass es so etwas überhaupt gab.
Jetzt, allein in der Dunkelheit in ihren Zellen, fühlten sie auf einmal etwas. Ihre Herzen begannen schneller zu schlagen und es wurde ihnen heiß, obwohl sie zugleich zitterten. Ihre Mägen waren flau. Keiner konnte das einordnen: Es war Angst. Dieses Unwohlsein, das sie nie zuvor erlebt hatten, verstärkte sich immer mehr, und etwas in ihrer Brust zog sich unangenehm zusammen.
Die Angst wurde zu Panik – was sie noch weniger verstehen konnten. Irgendein tief vergrabener Instinkt sagte ihnen jedoch, dass sie ihre Zellen verlassen mussten. Sie tasteten an den Wänden entlang, bis sie einen kleinen Spalt fanden. Verzweifelt stemmten sie sich gegen die Zellentüren und tatsächlich öffneten sich diese, weil der elektrische Schließmechanismus nicht mehr funktionierte. Mühsam krabbelten sie heraus. Alles erschien besser, als in diesem Gefängnis zu bleiben.
Außerhalb der Zellen war ein wenig Licht. Als sie sich umsahen, entdeckten sie andere Gestalten, die sich ebenfalls aus ihren Zellen kämpften. Was das für Wesen waren, wussten sie aber nicht. Verwirrt blickten sie an sich herab und verglichen ihre sichtbaren Körperteile mit denen der anderen Kreaturen. Allmählich schwante ihnen, dass sie von derselben Art waren.
Schließlich begannen die ersten, den Lichtstrahlen zu folgen. Die übrigen taten es ihnen nach – dabei vermieden sie es tunlichst, einander zu berühren. Sie strömten alle ins Freie, wo sie erst einmal innehielten. Über ihnen war ein großes Blau mit einem grellen, gelben Ball. Die Worte „Himmel“ und „Sonne“ kannten sie nicht.
Als sie dort standen, merkten sie, dass wieder etwas mit ihrem Körper geschah. Diesmal war es ein angenehmes Gefühl: Wärme. Zum ersten Mal, seit sie ihre Zellen verlassen hatten, wurde das Herzklopfen langsamer und das Zittern ließ nach. Stattdessen kitzelte es sie lustig im Bauch. Es war kein Unwohlsein. Es war Lebensfreude.
Nach wenigen Minuten jedoch begann ihre Haut zu brennen. Sie erinnerten sich, dass dies in dem großen Gebäude anders gewesen war. Also kehrten sie einer nach dem anderen dorthin zurück. Hier verschwand zwar das Brennen, es bahnte sich jedoch etwas Neues an: Ihre Lippen wurden immer trockener, ihr Mund pelzig und ihre Zungen fingen an, am Gaumen zu kleben. Sie spürten, dass ihnen etwas fehlte, dass sie irgendetwas dringend brauchten – doch was es war, wussten sie nicht.
Sie konnten ihre Augen nicht mehr fokussieren. Ihre Köpfe begannen zu wabern – so hätten sie es wohl beschrieben, hätten sie kommunizieren können. Unruhig beobachteten sie die anderen, ob es ihnen ebenso erging. Kein einziger blieb davon verschont. Und es wurde immer schlimmer. Zudem gesellte sich noch eine weitere Qual hinzu: Ihre Mägen verkrampften sich schmerzhaft.
Verzweifelt suchten sie nach einem Weg, sich mit den anderen zu verständigen. Ein Ding der Unmöglichkeit. Keiner konnte sprechen, geschweige denn schreiben. Das Schreiben war schon lange vor dem Sprechen verschwunden. Vorsichtig begannen sie, sich gegenseitig anzustupsen, um irgendeine Reaktion hervorzurufen. Es wurde ihnen jedoch klar, dass die anderen sich in derselben misslichen Lage befanden: hilf- und wortlos.
Ihnen wurde immer elender. Irgendetwas musste geschehen. Endlich nahm einer allen Mut zusammen und machte den Anfang. Er deutete erst auf seinen Mund und dann auf seinen Bauch. Mit viel Anstrengung gelang es ihm, einen Laut herauszupressen. Es war erst ein leises, leicht gewürgtes, dann ein deutlich hörbares „Uaaah!“. Zuerst erschraken die anderen vor dem Geräusch. Dann stimmten sie alle ein: „Uaaah! Uahhhh! Uaaaaah!“ hallte es im ganzen Raum.
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Ich bin von Haus aus neugierig und technikaffin. Deswegen habe ich mich schon sehr früh mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt. Einfach um zu schauen, was sie alles kann. Anfangs hielt ich sie nur für eine nette Spielerei. Doch dann kam aus meinem Texterumfeld erstmals die These, dass die schlechte Auftragslage der KI geschuldet sei. Zu dieser Zeit hatte ich aber noch keinen Einbruch, weswegen ich die Bedenken einfach wegwischte.
Die KI wurde jedoch immer präsenter. Ich beschloss darum, mir ein besseres Bild davon zu machen, wie mit Künstlicher Intelligenz generierte Texte aussehen. Der erste Eindruck war ein Schock: Oh mein Gott, jetzt bin ich überflüssig! Als ich aber genauer hinsah, bemerkte ich viele Schwächen. Die Formulierungen waren noch reichlich holprig und der Text kein bisschen originell.
Trotzdem begann ich, mich intensiver mit der Materie auseinanderzusetzen. Schließlich musste ich argumentieren können, warum ich immer noch mein Geld wert bin. Beim Rumprobieren stellte ich fest, dass ChatGPT gar nicht so schlecht war für Texte, die nicht viel Kreativität und/oder Wissen erfordern. Also fing ich an, damit zu arbeiten. Allerdings nur zum Erstellen von Gerüsten. Das eigentliche Schreiben übernahm ich immer noch selbst.
Zu diesem Zeitpunkt verwehrten sich die meisten Texter noch komplett gegen ChatGPT & Co. Mir war aber schon lange klar, dass es sinnlos ist, gegen die Technologie anzukämpfen. Sie ist gekommen, um zu bleiben. Ob uns das gefällt oder nicht. Wer heute noch meint, er müsse sich damit gar nicht beschäftigen, wird über kurz oder lang untergehen.
Immer mehr Unternehmen integrieren die neue Technologie. Was zusammen mit einer schlechten wirtschaftlichen Lage eine brisante Mischung ergibt. Warum sollte man noch Textaufträge vergeben, wenn man doch alles selbst per Knopfdruck in Sekunden erledigen kann? Dass die Qualität bis heute nicht auf menschlichem Niveau ist, scheinen viele nicht zu merken – oder es stört sie nicht.
Das Internet wird geflutet von mittelmäßigen bis schlechten Texten. Auf einmal kann jeder „schreiben“ – speziell auf Social-Media-Plattformen wie LinkedIn. Ist doch egal, ob die Beiträge völlig belanglos und generisch sind, Hauptsache Masse. Die Leute recyceln eigene Beiträge oder klauen sie gleich komplett von jemand anderem. Die Künstliche Intelligenz übernimmt sogar das Kommentieren – genauso belanglos und generisch. Völlig absurd: KI-Beiträge, die von KI kommentiert werden. Menschliche Interaktion gleich Null.
Längst geht es nicht mehr nur um Texte, sondern auch um Grafiken, Fotos und Filme. Jeder Depp mit einem Internetzugang kann Content raushauen ohne Ende. Ob dabei Urheberrechte verletzt werden, interessiert keinen. Schnell, bunt und billig muss es sein. Was dabei herauskommt? Zum Beispiel Werbespots, die zum Gähnen langweilig sind und keine Aussage haben. Schon 3 Sekunden später hat man vergessen, welches Produkt eigentlich beworben wurde. Irgendein Bier, irgendein Auto oder war es doch etwas anderes?
Doch zurück zum Texten mit KI: Dass die Qualität viel besser geworden ist, sofern man vernünftig zu prompten versteht, wird keiner bestreiten. Ich spiele gerne Ping-Pong mit ihr: Sie bekommt von mir einen Text, sie macht mir Verbesserungsvorschläge. Dann überarbeite ich den Text noch einmal und das Spielchen geht von vorne los – bis ein richtig gutes Ergebnis dabei herauskommt.
Brauche ich dafür weniger Zeit, als wenn ich ohne Hilfsmittel gearbeitet hätte? Nein. Manchmal dauert es sogar deutlich länger. Doch zum Schluss habe ich einen Text, der genau auf den Punkt ist. Dass diese Leistung nicht weniger kosten kann als früher, versteht sich von selbst. Im Endeffekt bekommt der Kunde für das gleiche Geld etwas Besseres.
Was man aber tunlichst vermeiden sollte: sich auf KI-Recherche verlassen oder Texte 1 zu 1 übernehmen. Es ist vertrackt: Manchmal stellt man erst mit einem Tag Abstand fest, dass das Generierte zwar gut klingt, aber ein totaler Schwachsinn ist. Darum würde ich auch nie rohe Gedanken reinwerfen, um sie mir ausformulieren zu lassen. Das kann mächtig in die Hose gehen.
Auch wenn es um die Eigendarstellung geht, sollte man die Finger von der KI lassen. Sie killt jeden Aspekt der Persönlichkeit. Man erkennt sich im eigenen Text nicht mehr wieder. Seinen Stil sollte man unbedingt weiterpflegen. Ich habe sogar begonnen, wieder Tagebuch zu schreiben, damit ich das freie Schreiben nicht verlerne. Auch dieser Artikel stammt ausschließlich aus meiner Feder. Ebenso wie alle Beiträge auf LinkedIn et al.
Ich bin hin- und hergerissen. Sie kann eine tolle Unterstützung sein. Aber sie geht über Leichen und beraubt uns unserer Fähigkeiten. Die nächste Generation wird diese gar nicht erst erwerben. Das kann einem echt Angst machen. Nein, die KI wird nicht die Welt beherrschen oder ähnlichen Quatsch. Doch es wird immer mehr Menschen geben, die ihr blind vertrauen und ohne sie rein gar nichts mehr tun können.
Ich nutze die Tools, aber nicht so exzessiv, dass ich davon verblöde. DeepL Translate übersetzt für mich, DeepL Write korrigiert und schlägt mir Synonyme vor. ChatGPT ist mein Allrounder, der einfach alles kann, aber in manchen Bereichen von anderen getoppt wird. Claude ist mein Liebling, wenn es ums Schreiben geht. Antworten auf etwas komplexere Fragen liefert mir Perplexity. Die Liste wird vermutlich noch länger werden.
Viele freie Texter aus meinem Bekanntenkreis sind am Verzweifeln oder haben bereits aufgegeben: Sie sind Privatiers, haben einen Nebenjob oder eine Vollzeit-Festanstellung. Zum Glück vereine ich das Beste aus zwei Welten: einen Wissensvorsprung in Sachen KI und zugleich mein über Jahrzehnte erworbenes Können als „echte“ Texterin. Ich hoffe, dass diese Kombination mir auch weiterhin Aufträge beschert. Wir werden sehen …
Foto von Sian Labay auf Unsplash
Heute bekommst du, mein lieber Blog, mal wieder einen eigenen Beitrag. Vielleicht liest dich kein Mensch, aber das ist mir egal. Du bist der Ort, an dem ich wirklich so schreiben kann, wie ich denke.
Naja, vielleicht nicht ganz. Aber weil ich mich damals gegen eine Kommentarfunktion entschieden habe, kann hier niemand schreiben, dass er dich scheiße findet. Komplimente bekommst du zwar auch keine – doch hast du das wirklich nötig? Wir haben doch uns beide und wir wissen, was wir aneinander haben.
Es tut mir leid, dass ich dich so furchtbar vernachlässigt habe. Wo doch die Social-Media-Welt so unglaublich kurzlebig ist. Heute gepostet, morgen vergessen. Bei dir ist das ganz anders. Du bist hier für die Ewigkeit!
Und weißt du was? Sollte ich es irgendwann einmal schaffen, eine neue Website auf die Beine zu stellen, werde ich dich mitnehmen. Ich befülle dich jetzt schon seit über einem Jahrzehnt. Du bist voller Schätze, die nicht verlorengehen dürfen.
Das ein oder andere Thema mag nicht mehr aktuell sein. Ich habe sogar in manchen Dingen meine Meinung geändert. Aber das ist ja nichts Schlimmes. Man darf ruhig wissen, dass ich in der Lage bin umzudenken. Aus der damaligen Sicht bin ich 100 Prozent dahinter gestanden. Heute stehe ich genauso überzeugt zu einer anderen Meinung.
Mag sein, dass die zehn Jahre alten Beiträge sprachlich nicht so geschliffen sind wie die heutigen. Doch das zeugt ja nur davon, dass ich mich weiterentwickle. Dass wir beide uns weiterentwickeln. Denn ohne dich, mein lieber Blog, wären meine Artikel ja gar nicht existent.
Ich bin der Ansicht, dass man sich nichts vornehmen sollte. Also zumindest nicht dauerhaft. Aber ich fände es großartig, wenn wir wieder mehr Zeit miteinander verbringen würden, du und ich. Wir haben so viele schöne gemeinsame Erinnerungen, die uns keiner nehmen kann. Außer vielleicht unser Hosting Provider.
Du darfst dich ruhig mal wieder bei mir melden. Mach mir ein schlechtes Gewissen, damit ich dich wieder so gut pflege wie früher.
Ich hab dich sehr lieb!
Deine Sandra
PS: Für das Bild danke ich Aung Soe Min auf Unsplash
Der Grund, warum auf meinem Blog (und auf Facebook) gerade so wenig passiert, heißt LinkedIn. Meine Social-Media-Hassliebe nimmt mich einfach zu sehr in Anspruch. Jeden Tag schaue ich mehrmals rein, um zu lesen, zu liken und zu kommentieren – und hie und da selbst zu posten. Das Dumme daran: Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht alles reine Zeitverschwendung ist. Zumindest unter dem Aspekt, um den es eigentlich geht: der Akquise.
Auf LinkedIn wimmelt es nur so von Menschen, die ihren (vermeintlichen) Erfolg (angeblich) dieser Plattform verdanken. Und die nicht müde werden, davon zu erzählen, wie sie es geschafft haben. Man muss ja nur dieses beachten und jenes (nicht) tun und schon fliegen einem die Kunden nur so zu. Allerdings posten diese Leute so viel, dass ich mich frage: Wann arbeitet ihr eigentlich?
Einen gut durchdachten und formulierten Beitrag haut man ja nicht eben mal so raus. Die meisten Posts mögen diesem Anspruch zwar nicht genügen, aber auch ein schlechter Beitrag braucht seine Zeit – es sei denn, er ist geklaut oder von der KI produziert. Leider scheint das mittlerweile recht häufig der Fall zu sein. Ganz grotesk wird es, wenn die Beiträge der KI auch noch von der KI kommentiert werden. Dann entstehen Konversationen, an denen kein Mensch mehr beteiligt ist. Ich habe keine Angst vor KI, aber diese Vorstellung ist gruselig.
Ich glaube nicht, dass ich durch LinkedIn auch nur einen einzigen Kunden gewonnen habe. Natürlich kann man mir vorwerfen, dass ich es nicht konsequent genug durchgezogen habe. Doch sobald die Auftragslage stimmt, haben solche Spielereien eben keine Priorität. Wer täglich neue Beiträge verfasst, könnte sich im Grunde gleich das „Open to work“-Badge anstecken – das wäre ehrlicher.
Warum machen trotzdem so viele mit? Meine Erklärung: Jeder liest, wie effektiv LinkedIn angeblich ist, und glaubt, er müsse auch auf den Zug aufspringen. Bleibt der Erfolg aus, erhöht man die Schlagzahl, testet neue Formate und Strategien – doch das Ergebnis bleibt gleich (außer, man misst Erfolg an Reaktionen und Kommentaren). Aber hey, wenn es bei den anderen klappt und bei mir nicht, muss ich mich eben mehr reinhängen! Und so wird munter weiter gepostet, bis der Feed aus allen Nähten platzt.
Vielleicht ist es wie mit des Kaisers neuen Kleidern: Jeder weiß, dass LinkedIn-Akquise nichts bringt. Aber keiner traut sich, es zu sagen.
Aber LinkedIn hat durchaus seine gute Seiten. Ich bin hier mit vielen großartigen Kollegen vernetzt, mit denen ich mich unheimlich gerne austausche. Das sind und werden zwar keine Kunden, aber ihre Posts haben informativen oder Unterhaltungswert. Außer, wenn die Kollegen krampfhaft versuchen, mit ihren Beiträgen Akquise zu betreiben. Am liebsten sind mir meine britischen Pendants, die Sachen raushauen, die sich hier keiner trauen würde. Von bizarr bis rotzfrech – aber immer charmant und witzig. Was leider zeigt, dass diese genialen Kreativ-Talente aktuell keine Jobs haben. What a waste!
PS: Für das Bild bedanke ich mich bei Cathy Mü auf Unsplash
Erst ist man schockstarr, dann treibt es einem die Schamesröte ins Gesicht, dann versinkt man im Boden. Die Ursache: Ein Fehler im eigenen Text. Wie kann das sein? Ich habe das doch fünfmal durchgelesen, mindestens! Aber da steht er, unübersehbar, der Beweis des eigenen Versagens.
Was in digitalen Medien ein Ärgernis ist, ist im Print-Bereich eine Katastrophe. Als ich anfing zu texten, wurde alles noch gedruckt. Da konnte man nichts schnell korrigieren. Der Fehler stand für immer und ewig da.
Mein persönlicher Tiefpunkt: Ein Druckfehler in der Traueranzeige meiner Mutter. Meine Textvorlage war zwar richtig gewesen, aber das machte die Schmach nicht weniger bitter. Die Druckerei hatte mir vorab einen streifigen Korrekturabzug gefaxt. Ich hätte den Fehler trotzdem sehen müssen!
Was ich damit sagen will? Selbst wenn einem ein Text noch so wahnsinnig wichtig ist, können einem Fehler passieren. Davor ist keiner gefeit.
Das Gute: Mindestens 90 % der Leser werden den Fehler überhaupt nicht sehen. Weil sie ihn entweder im Kopf automatisch korrigieren oder gar nicht wissen, dass etwas falsch ist. Damit will ich keinesfalls zur Schludrigkeit ermuntern. Gebt immer 100 %, um einen korrekten Text abzuliefern. Aber geißelt euch nicht, wenn euch doch einmal ein Fehler unterläuft.
Meine Empfehlung: Holt euch bei Print-Projekten noch einen Lektor mit ins Boot. Nach dem fünften Mal durchlesen seid ihr betriebsblind. Und Lektoren erkennen auch Fehler, von denen selbst ihr nicht einmal wusstet, dass es welche sind.
Mein kleiner Reiseführer für die Bahn. Basierend auf meinen eigenen Erfahrungen, die aber auch viele andere gemacht haben.
Abfahrtszeit
Die Abfahrtszeit ist nur ein grober Richtwert. In der Praxis kann sie stark von der auf dem Ticket angegebenen abweichen.
Bordbistro
Steig nicht durstig oder hungrig in den Zug oder nimm dir Proviant mit. Das Bordbistro kann a) nicht vorhanden b) geschlossen oder c) rudimentär bestückt sein.
Chaos
Mit Chaos musst du bei der Deutschen Bahn immer rechnen. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Bis hin zum fehlenden Lokführer.
Durchsagen
Verlasse dich nicht darauf, dass die Bahn dich per Lautsprecher über Änderungen informiert. Schau lieber in kurzen Abständen (wenige Minuten) in der DB-App nach.
Erste Klasse
Wähle die erste Klasse, wenn du deine Beine nicht um mehr als 90° anwinkeln magst – und das nötige Kleingeld hast.
Fahrgastrechte
Mach dich jetzt schon mit dem Thema Fahrgastrechte vertraut. Du wirst diese oft in Anspruch nehmen können.
Gleis
Vorsicht: Gleise können sich kurzfristig ändern. Im schlimmsten Fall erst, wenn der Zug einfährt. Dabei kann es zu tsunamiartigen Passagierbewegungen kommen. DB-App prüfen!
Hin- und Rückfahrt
Buche Hin- und Rückfahrt immer getrennt. Eine Kombibuchung bringt keinen Preisvorteil. Aber eventuell Nachteile: Wenn du stornieren musst, endet die Frist einen Tag vor dem Geltungsbeginn der Hinfahrkarte – auch für die Rückfahrkarte.
Internet
Arbeite nicht im Zug, wenn du dafür eine Internetverbindung brauchst. In den Zügen gibt es W-LAN. Aber oft ohne oder mit sehr langsamer Internetverbindung, die mehrmals unterbrochen wird.
Junggesellenabschiede
Für Junggesellenabschiede gilt im Zug das Gleiche wie sonst auch: Möglichst viel Abstand halten! Wenn man Glück hat, erwischt man eine richtig nette Truppe. Das hat aber Seltenheitswert.
Klimaanlage
Die Temperatur im Zug hat rein gar nichts mit der Außentemperatur zu tun. Mach dich also auf alles gefasst – vom Gefrierschrank bis zum Fegefeuer.
Lost & Found
Ja, die Deutsche Bahn hat ein Fundbüro. Dort kannst du eine Verlustmeldung aufgeben und beten. Deinen verlorenen Gegenstand bekommst du aber nicht zurück.
Magen
Bedenke, dass nicht alle Fahrgäste ein Gespür dafür haben, was man in hermetisch abgeriegelten Räumen essen darf. Freue dich auf Burger, Döner und hart gekochte Eier.
Notarzteinsatz am Gleis
Bei dieser Durchsage ist mit einer Verspätung von ca. 10 Minuten (oder mehr) zu rechnen.
Oberleitungsschäden
Diese können ganze Streckenabschnitte lahm legen und Bahnhofshalte ausfallen lassen. Lege dich also nicht zu sehr auf dein Reiseziel fest. Schäden an der Oberleitung sind keine Seltenheit.
Personen im Gleis
Wenn diese Durchsage kommt, mach dich auf eine richtig lange Verspätung gefasst. Bis die Bundespolizei die Strecke wieder freigegeben hat, geht nichts mehr.
Quote Zugverspätung
Nur 63,1 % (Quelle: Bahn) der Fernzüge der Deutschen Bahn erreichen pünktlich ihr Ziel.
Ruheabteil
Erwarte nicht, dass du im Ruheabteil deine Ruhe hast. Du teilst es mit Kleinkindern und Laut- und Vieltelefonierern, die keine Symbole verstehen.
Sitzplatz
Eine Reservierung ist keine Garantie für einen Sitzplatz. Es kann sein, dass es a) deinen Sitzplatz im Zug nicht gibt oder b) deine Reservierung verfällt, weil ein Ersatzzug eingesetzt wird. Reserviere trotzdem auf gut Glück. Der Zug könnte hoffnungslos überfüllt sein.
Toiletten
Kurz vor und während der Fahrt solltest du möglichst wenig trinken. Es kann sein, dass mehrere Toiletten stark verschmutzt oder geschlossen sind.
Umleitung der Strecke
Streckenumleitungen können deine Zugfahrt erheblich verlängern – bis zu mehreren Stunden.
Verbindungsausfall
Wenn du von der DB-App die Meldung bekommst, dass deine Verbindung ausfällt, überprüfe, ob das stimmt. Vielleicht musst du nur eine Station früher aussteigen und mit einem Regionalzug weiterfahren.
Wagenreihung
Verlass dich nicht auf die Wagenreihung. Sie kann sich kurzfristig ändern. Manchmal auch erst bei Einfahrt des Zuges.
Xenophilie
Du solltest Fremden gegenüber positiv eingestellt sein. Sonst wirst du im öffentlichen Verkehr nicht glücklich. Nutze die Gelegenheit, neue Leute kennen zu lernen.
Yorma‘s
Diese Verkehrsgastronomie mit kleinem Supermarkt findest du in jedem größeren Bahnhof der Deutschen Bahn. Kaufe besser nur abgepackte Lebensmittel. Alles, was „frisch“ ist, ist es meist nicht.
Zugpersonal
Die DB-Mitarbeiter sind dein Fels in der Brandung. Sie bleiben selbst bei massiven Anfeindungen ruhig und freundlich. Also sei auch nett zu ihnen! ❤
Letzte Woche erzählte mir eine Kollegin, dass sie einen festen Wochentag hat, an dem sie auf LinkedIn postet. Auf die Frage, wann ich denn poste, kam meine ehrliche Antwort: Immer dann, wenn ich etwas mitzuteilen habe.
Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen: Bin ich zu planlos? Sollte ich mich nicht auch disziplinieren, damit die Zeit auf LinkedIn sinnvoll investiert ist? Aber dann kam der nächste Gedanke: Habe ich wirklich jede Woche ein Thema, das es wert ist, gepostet zu werden?
Natürlich gibt es viele Dinge, die mich interessieren und beschäftigen. Die Frage ist nur, ob sie hierher gehören. Der Anspruch ist hoch: Interessant soll es sein, aber nicht zu polarisierend. Schon gar nicht, wenn ich damit einen Großteil meiner LinkedIn-Bubble vor den Kopf stoße (Nein, ich wähle nicht AfD). Es sollte einen beruflichen Bezug haben und nicht zu viel Privates preisgeben. Und dann sollte es auch noch den viel beschworenen Mehrwert haben (Wer bestimmt eigentlich, was Mehrwert ist?).
Ich merke es schon – mir jede Woche ein neues Thema auszudenken, wird mir zu anstrengend (Hut ab vor meiner Kollegin, die das durchzieht!). Eigentlich bin ich ja nur hier, um mich zu unterhalten und die eine oder andere Anregung mitzunehmen. Mich überraschen zu lassen, mich zu freuen oder zu ärgern. Nette Kommentare zu hinterlassen und mir bissige Bemerkungen zu verkneifen. Denn dass das nach hinten losgehen kann, weiß ich schon von anderen Social-Media-Plattformen. Selbst Leute, die einen eigentlich gut kennen sollten, können einen manchmal furchtbar missverstehen.
Was meine eigenen Beiträge angeht, werde ich es so halten wie bisher: Ich poste, wenn ich etwas mitzuteilen habe. Ohne (zu) viel darüber nachzudenken. Das kann dreimal am Tag sein oder nur alle paar Wochen. Ich zwänge mich nicht gerne in ein Korsett, um vielleicht einen neuen Kunden auf mich aufmerksam zu machen.
Und ich werde am Ende auch nicht zur Diskussion und Interaktion aufrufen. Natürlich freue ich mich, wenn ein Kommentar oder eine positive Reaktion kommt. So uneitel bin ich dann doch nicht. Aber ich werde nichts erzwingen. Das ist vielleicht planlos und unnütz. Aber alles andere macht mir keinen Spaß.
PS: Falls jemand die Anspielung im Titel nicht erkannt hat: Es handelt sich um einen Song der Band „Fettes Brot“, daher auch das scheinbar unpassende Bild. Danke dafür an: Ola Mishchenko auf Unsplash
PPS: Und weil ich heute besonders faul bin, verwende ich diesen LinkedIn-Post auch noch als Blog-Beitrag
Ich schreibe so viele verschiedene Texte, dass ich gar nicht mehr weiß, was ich eigentlich bin. Wenn man mich in den ersten Jahren fragte, sagte ich: Werbetexterin. Damals fühlte sich das richtig an. Heute engt mich diese Bezeichnung zu sehr ein. Auch wenn meine Texte letztlich immer dazu dienen, etwas zu verkaufen, sind es nicht „nur“ Werbetexte. Denn mit Kauf-du-Sau kommt man heute nicht mehr weit.
Bin ich Copywriterin, weil Werbetexterin zu deutsch und vor-Internet klingt?
Bin ich Journalistin, weil ich Artikel für Kundenmagazine schreibe?
Bin ich PR-Texterin, weil ich Pressemitteilungen verfasse?
Bin ich Bloggerin, weil ich Beiträge für eigene oder fremde Blogs erstelle?
Bin ich Ghostwriterin, weil unter meinen Texten manchmal ein anderer Name steht?
Bin ich Korrektorin oder Lektorin, weil ich fremde Texte optimiere?
Bin ich Content Writerin, weil Social Media Posts zu meinem Repertoire gehören?
Bin ich SEO-Texterin, weil ich auf Wunsch suchmaschinenoptimiert schreibe?
Bin ich Transkreatorin, weil ich auch mal englische Texte ins Deutsche übersetze?
Bin ich Buchautorin, weil ich eine Schublade voller (unveröffentlichter) Manuskripte habe?
Aber Schluss mit dem heiteren Beruferaten. Die Jüngeren verstehen wahrscheinlich gar nicht, auf welche Sendung ich anspiele (Wikipedia hilft!).
Wenn jemand weiß, was ich bin, freue ich mich über eine Nachricht!
Bis ich eine gute Lösung gefunden habe, bleibt es bei „Welches Schweinderl hätten’s denn gern?“.
Fast neun Monate sind seit meinem Umzug nach Berlin vergangen. Zeit für eine Zwischenbilanz. Auch wenn ich die Stadt vorher schon gut kannte, ist es doch etwas anderes, tatsächlich hier zu leben. Meine subjektiven und unvollständigen Erfahrungen und Erkenntnisse von A bis Z:
Krank sein oder werden sollte man in Berlin besser nicht. Facharzttermine sind rar. Dass man mehrere Monate darauf warten muss, ist eher die Regel als die Ausnahme. Es sei denn, man ist Privatpatient, was ich glücklicherweise bin.
Sie ist bei weitem nicht so schlecht wie ihr Ruf. Ja, es gibt immer wieder scheinbar endlose Baustellen. Trotzdem kommt man immer überall hin. Weniger schön: das Betteln in den Zügen. Mittlerweile bin ich ein Meister im Durch-die-Leute-Schauen. Wer Blickkontakt riskiert, ist das nächste „Opfer“ (siehe auch Elend).
Kleiner Nachtrag: Heute und morgen wird gestreikt 😉
Mit Clans hatte ich bisher keine bewussten Berührungspunkte. Wobei mich doch bei dem ein oder anderen Geschäft der Verdacht beschlichen hat, dass es in erster Linie der Geldwäsche dient. Aber da ist vielleicht die Fantasie mit mir durchgegangen. Klar gibt es Viertel mit Clan-Kriminalität. Allerdings muss man da ja nicht unbedingt hin (siehe Gefahr).
Was Dreck anbetrifft, muss man seine Schmerzgrenze nach oben verschieben. Wobei ich sagen muss: Das gilt inzwischen wohl für die meisten Großstädte. Auch München ist längst nicht mehr so sauber, wie es mal war. In der bayerischen Landeshauptstadt gibt es einen negativen Trend. In der Bundeshauptstadt war es früher noch schlimmer. Als es noch keine Hundekotbeutel gab, waren die Grünstreifen an den Straßenrändern so vermint, dass man keinen Schritt darauf setzen konnte.
Dass es in Berlin viel Armut und Elend gibt, wusste ich schon vorher. Aber wie schlimm es teilweise ist, hat mich doch erschreckt. Anfangs. Man kann nicht immer Mitleid haben. Und man kann nicht jedem, der es nötig hätte, Geld in die Hand drücken. Abgesehen davon ist es fraglich, ob das überhaupt sinnvoll ist. Also hilft nur Abstumpfen (siehe BVG).
Falafel kann man drei Monate lang jeden Tag essen. Danach reicht aber einmal pro Woche. Sogar 14-tägige Pausen sind auszuhalten. Meine Empfehlung: Darauf achten, dass die Falafel frisch gemacht werden (keine Tiefkühlkost). Ein Riesenunterschied! Meine Lieblinge: Zaim Falafel und La Corniche.
Ich hatte in diesem Dreivierteljahr kein Erlebnis, das ich als gefährlich eingestuft hätte. Das kann man natürlich nicht verallgemeinern. Es gibt hier Gewalt, sonst stünde davon nichts in der Zeitung. Aber es ist bei weitem nicht so wild, wie Nichtberliner oft denken. Und selbst einen Spaziergang im Görlitzer Park kann man überleben.
In meinem Viertel kann man einkaufen bis zum Umfallen. Die Zahl der Lebensmittelläden ist so hoch, dass ich mich frage, wie sie sich parallel halten können. Ich muss allerdings anmerken, dass mein Viertel zwar das kleinste, aber das am dichtesten besiedelte Berlins ist. Unbedingt erwähnt gehören die Spätis: geilste Erfindung ever!
„Ich fühl mich guuut … Ich steh auf Berlin.“ Das Berlin, das Ideal besungen hat, war noch ein anderes, weil vor dem Mauerfall. Ich mochte Berlin damals schon und mag es heute noch. Und die ganzen Berlins dazwischen haben mir auch gefallen – jedes auf seine Art. Berlin ist einfach meine Stadt!
Ich freue mich jeden Tag aufs Neue, hier zu sein! (siehe Ideal)
Im Sommer muss man manchmal tapfer sein. Die Gerüche aus der Kanalisation sind, nun ja, gewöhnungsbedürftig. Einfach die Luft anhalten, an Blumenwiesen denken und durch!
(siehe Kanalisation)
An vielen Orten trifft man mehr Menschen aus anderen Ländern als gebürtige Berliner. Wo ich zum Bouldern gehe, hört man am meisten Englisch, dann Spanisch und dann erst Deutsch. In meinem Aikido-Training tummeln sich Leute aus Italien und Japan, aus Kirgisien, Litauen, Polen und Russland, aus Thailand und seit kurzem auch aus Uruguay. Den Rest hat es aus allen Teilen Deutschlands angeschwemmt – so wie mich. Okay, ein paar wenige „echte“ Berliner gibt es auch. Die restlichen Nationalitäten sind natürlich im Straßenbild ebenfalls vertreten. Wer es ganz genau wissen möchte, der schaue hier nach.
(siehe Party)
Auch wenn Berlin nicht mehr geteilt ist: Die Teilung der Stadt gibt es gefühlt immer noch. Den an den Westen angrenzenden ehemaligen Ostbezirken merkt man das nicht mehr so an. Aber selbst ich habe ganz klar vor meinem geistigen Auge, wo früher die Mauer verlief. Ich gehe jedoch davon aus, dass dieser Blick mit meiner Generation aussterben wird.
Ich bin nicht mehr in dem Alter, wo ich jeden Tag Party machen muss. Aber wenn ich Lust habe, gibt es Möglichkeiten noch und nöcher. Vor allem, wenn man über den eigenen Stadtteilrand hinausschaut, kann man feiern, solange man durstig und lustig ist. Und so ziemlich jede Band, die in Deutschland spielt, kommt nach Berlin. Konzerttechnisch ist also einiges geboten. Das Gleiche gilt für Kulturveranstaltungen aller Art.
Hier demonstriert jeden Tag irgendjemand für irgendetwas. Am Wochenende sind es so viele verschiedene Gruppierungen, dass sie sich um die besten Plätze kloppen müssen.
Besonders in meinem Viertel (aber auch in vielen anderen) reiht sich Restaurant an Restaurant und es gibt nichts, was es nicht gibt. In Sachen Essen gehen ist Berlin unschlagbar. Es ist nicht mehr so billig wie vor 2+ Jahren. Aber wie auch? Schließlich ist überall so ziemlich alles teurer geworden.
Die weißen Flocken sind hier eine Seltenheit. War aber immer schon so. Ich vermisse den Schnee nicht.
Im Winter sind die Tage deutlich kürzer als in Bayern. Aber dafür im Sommer deutlich länger. Ausgleichende Gerechtigkeit.
Die braucht einen eigenen Punkt. Denn sie fährt direkt unter unserem Haus, was sich durch Brummen und Vibrieren bemerkbar macht. Aber: Ich liebe das. Es hat so etwas Beruhigendes, wenn man weiß, dass die Welt noch „funktioniert“.
Im Vergleich zu München sind in Berlin die Autofahrer freundlich und langsam. Aber es gibt Ausnahmen. Die langen breiten Straßen laden einfach zu nächtlichen Autorennen ein.
Berlin hat noch lange keine Münchner Preise, aber es geht in diese Richtung. Ich weiß nicht, ob in irgendeiner anderen deutschen Stadt die Mieten prozentual so stark gestiegen sind wie hier. Vor allem aber gibt es Massen von Bewerbern für jede halbwegs vernünftige Wohnung. Ich bin froh, dass wir eine schöne gefunden haben, die noch bezahlbar ist.
Macht immer noch Spaß, in Kreuzberg auszugehen. Hier finden sich auch Urgesteine wie das SO36, das ich persönlich per Crowdfunding vor dem Untergang bewahrt habe!
Sogar einen Nepalesen habe ich ganz in der Nähe (Yak und Yeti). Aber leider immer noch nicht ausprobiert, weil es noch so viele Alternativen gibt (siehe Restaurants).
Ich stehe vor der Zahnarztpraxis. Es kommt einer mit dem Fahrrad vorbei und meint zu mir: „Scheiß auf den Zahnarzt! Komm lass uns saufen gehen!“ Dit is Berlin.
Für viele ist Sprache nur Mittel zum Zweck. Für mich ist Sprache ein Spielplatz, auf dem es immer etwas Neues zu entdecken gibt.
Ich bin begeistert, wenn ich einen Ausdruck höre, den ich vorher noch nicht kannte. Wenn ich im Englischen ein Wort lese, für das es im Deutschen keine Entsprechung gibt, freue ich mich wie ein kleines Kind. Und wenn mir beim Schreiben wirklich peinliche Wortspiele einfallen, muss ich heimlich kichern. Ein Pumuckl-Gedicht hat für mich den gleichen Wert wie ein literarisches Werk.
Manchmal bin ich aber auch sehr spießig, was die Sprache angeht. Wenn jemand in einem Gespräch ein falsches Wort benutzt, kann ich nicht mehr zuhören, bis ich das richtige Wort gefunden habe. Wenn ich geschäftliche E-Mails mit vielen Fehlern lese, frage ich mich: Kannst du es wirklich nicht besser oder gibst du dir einfach keine Mühe? Bei Büchern oder Zeitschriften ist es noch schlimmer. Wenn ich in kurzer Zeit mehrere Fehler entdecke, kann ich den Text nicht weiterlesen, weil sich alles in mir dagegen sträubt.
Wie passt das zusammen? Das Verspielte und das Verspießte? Wenn man bewusst mit Konventionen bricht, kann das lustig und spannend sein. Wenn man es aber aus Unvermögen oder Nachlässigkeit tut, kann ich das nicht gutheißen.
Bevor jetzt Kritik auf mich einprasselt: Natürlich weiß ich, dass es viele Menschen gibt, die eine Lese-Rechtschreib-Schwäche haben oder deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Aber wenn man mit Schreiben seinen Lebensunterhalt verdient, sollte man das schon können. Leider erlebe ich oft das Gegenteil.
PS: Foto von Shaira Dela Peña auf Unsplash